Page 86 - Die Göltzschtaler
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84 Die Göltzschtaler Falkenstein, Ellefeld, Auerbach, Rodewisch – Die Göltzschtalregion zeigt Stärke
Geschichtliches
Aus dem Walther’schen Archiv, diesmal:
Das heimische Handwerk: Der Dachdecker
„Der erste Dachdecker war wohl ein Zimmermann, der
das Haus mit Brettstücken gegen die Nässe und den
Wind schützte“. Das findet sich in einer alten Aufzeich-
nung. Der Römer Pinius berichtete davon, dass Hausdä-
cher mit „geschnittenen Steinen“ verschlossen wurden.
Das war ebenfalls bei den alten Griechen üblich.
Bei uns wurde in alten Zeiten die Dächer mit Stroh
verschlossen. Ungedroschenes Stroh wurde zu kleinen
Bünden zusammengedrahtet. Diese wurden dicht anei-
nandergedrängt wiederum durch Drahtwickelungen auf
den Dachlatten befestigt. Mit einer Schere sorgte man für
saubere Unterkant-en. In Norddeutschland verwendete
man statt Stroh sogenannte „Riedbündel“ (Schilf). Das
gab der Bedachung den Namen „Rieddach“.
Da bei uns im Vogtland die Viehwirtschaft vorherrschte,
war den Bauern das Stroh zu wertvoll um es auf das
Dach zu binden. Der Wald bot Ersatz! Mit Holz brauch-
te man nicht so sparsam umzugehen. Deshalb spaltete
man von 30 bis 40 cm langen Stammstücken fingerstarke
Holzplatten ab. Nach dem Trocknen brachte man sie auf
gleiche Breite. Diesen Brettchen gab man den Namen
„Schindeln“. Diese nagelte man dicht an dicht auf die
Dachbretter. Die darüber befindliche Folgereihe über-
deckte die Fugen der unteren. Die Schindelherstellung
wurde zu einem Beruf. Der Name „Schindler“ gibt das
noch kund.
Als man viel später die Dächer mit Ziegeln deckte, griff
man auf diese Technik zurück.
Früher waren die Winter bei uns sehr schneereich und oft
auch recht anhaltend. Die nassen Schneelasten drückten
schwerlastig auf die Dächer. Der Schnee klebte festge-
froren auf den Dachflächen und rutschte kaum ab. Man
hatte erkannt, dass sich Bleche besser erwärmen. Der
Schnee rutschte darauf besser ab. Wer es sich leisten
konnte, ließ sein Dach nun wenigstens auf der Südseite
mit ineinander gekragten Blechen decken. Um sie vor
Rost zu schützen bestrich man sie mit Teer, was zusätzlich
die Erwärmung förderte.
In anderen Gegenden Deutschlands, z.B. in Nürnberg,
verwendete man bereits im Mittelalter gebrannte Tonzie-
gel für die Dachabdeckungen.
In Thüringen kam man bereits sehr früh auf die Idee den
dort gebrochenen blauschwarzen Schiefer auch für die
Dachabdeckung zu verwenden. Die dünnen, aber har-
ten Platten waren leicht in die gewünschten Formen zu
bringen. Auch bei uns verbreitete sich seine Verwendungsmög- Die heutige St.-Petri-Kirche wurde im Oktober 1736 geweiht.
lichkeit. Auch die heimischen Schieferdecker lieferten nach In den Jahren 1961/62 wurde die St.-Petri-Kirche einer Innenreno-
und nach durch verschieden geformte Schieferauflagen wahre vierung unterzogen. In den Jahren 1980/81 erfolgte die aufwändige
Kunstwerke ab. Das gab den bisherigen „Dachdeckern“ den Neueinschieferung des Turmes. Die St.-Petri-Kirche bedarf der kon-
noch heute verwendeten Namen „Schieferdecker“. tinuierlichen Pflege. Dies unterstützt der Förderverein zur Erhaltung
Im Rodewischer Ortsteil Wiedenberg brach man in einem der St.-Petri-Kirche Rodewisch e. V. (www.st-petri-rodewisch.de)
Phyllitbruch ebenfalls Schiefer. Der war von grauer Farbe und | Foto: © briese-foto
etwas bruchanfälliger als der thüringische. Deshalb fertigte
man ihn etwas dicker, was jedoch die Dachlast verstärkte.
Günstig war, dass er preiswerter angeboten wurde. Dächer wendet auch glasierte, langlebige Dachziegel in mannigfacher
und Obergeschosse wurden in der Umgebung mit diesem Farbe. Meines Wissens nach gab es einst sechs Schieferde-
„Grauschiefer gedeckt. ckerbetriebe im Heimatort. Nur wenige sind noch verblieben.
Naturschiefer ist heute teuer geworden. „Kunstschiefer“, ein © Siegfried Walther, 9/2018
gepresstes Schieferprodukt hat das in DDR-Zeit verwendete Alle weiteren Veröffentlichungsrechte
gefahrenvolle „Eternit“ abgelöst. Wer es sich leisten kann, ver- verbleiben bei der Familie Walther!