Page 52 - Die Göltzschtaler
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50 Die Göltzschtaler Falkenstein, Ellefeld, Auerbach, Rodewisch – Die Göltzschtalregion zeigt Stärke
Geschichtliches
Falkenstein – Zentrum der sächsischen Stickereiindustrie
Musterlager der Falkensteiner Gardinen-Weberei und Bleicherei AG vorm. G. Thorey Falkenstein
Befasst man sich heute mit der Industriegeschichte von Fal- Angliederungen benachbarter Gardinenfabriken im Falken-
kenstein, so kommt man an dem Namen "FALGARD" nicht steiner Umland. 1970 wird die "FALGARD", die "Plauener
vorbei. Falkenstein entwickelte wie auch die Stadt Plauen Gardine" und die "GARDEKO Zwickau" zum Kombinat "Plau-
Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Zentrum der sächsi- ener Gardine" vereint. Mit diesem Schritt sind alle Gardinen-
schen Stickereiindustrie. betriebe der DDR unter einer Leitung zusammen geführt.
Die FALGARD gehört in diesem Bund weiter zu einem Spit-
1883 gründet der Kaufmann Georg Thorey in der vogtlän- zenbetrieb und sorgt mit den gefertigten Erzeugnissen für ei-
dischen Kleinstadt die erste eigene Gardinenfabrik an der nen hohen Exportanteil der Waren. Das Leben in Falkenstein
Bahnhofsstraße. Ausgestattet wurde das junge Unternehmen stimmte sich auf die FALGARD ab.
anfangs noch mit englischen Webstühle, ehe die heimischen
Textilmaschinenbauindustrie mit eigenen Produkten nachzog Mit der Wende 1989 wird der Großbetrieb aufgelöst und ei-
und auch in den Fabriken heimische Maschinen zum Einsatz nige Betriebsteile geschlossen. Das Hauptwerk geht 1992 in
kommen. Nach einer Werkserweiterung wird das Unterneh- Besitz der Firma Hans Wiebe über, welche am Standort die
men 1889 in die "Falkensteiner Gardinenweberei und Blei- Gardinenproduktion langsam stilllegt. 1994 wird das Insol-
chereianstalt AG" umgewandelt. Die Familie Thorey behält venzverfahren eröffnet, ehe nur ein Jahr später das Unter-
weiter einen Aktienanteil am Unternehmen, da bereits 1892 nehmen komplett stillgelegt wird. Damit verlassen im Jahr
die Söhne Emil und Fritz Thorey das Geschäft vom Vater 1995 die letzten Falkensteiner Gardinen das Werkstor an der
übernahmen und die Leitung nun in ihren Händen lag. Das Bahnhofsstraße.
Geschäft mit den Gardinen weitete sich enorm aus und so Nach mehr als 20 Jahren Leerstand hat der Apotheker Robert
war 1908/09 eine erneute Erweiterung des Werkes von Nö- Herold die Thorey'sche Falgard-Villa wieder zum Leben er-
ten. Die Gardinenweberei von Thorey war international ein weckt. Die Villa Falgard ist jetzt ein Wohn- und Lebensraum
gefragter Name geworden. für alle Generationen mit einem Konzept, das Jung und Alt
verbindet und den sozialen Gemeinschaftsgedanken – ge-
Nach den überstandenen Krisen während des Ersten Welt- genseitig füreinander da zu sein – unterstützt. Am 01.05.2017
krieges und Anfang der 1920er Jahre konnte das Unterneh- eröffnete in diesem historischen Gebäude auch das Hospiz
men sich ab den Jahr 1925 wieder verstärkt erholen. Mit ca. Vogtland " Villa Falgard".
230 Webstühlen fertigt man vorwiegend Tüllgardinen, Spit- Der Apotheker Herold als privater Investor betont, dass er
zenstoffe, Decken und Kanten. ohne Förderung das Projekt hätte nicht verwirklichen kön-
nen. Über das Programm Stadtumbau Ost bekommt er ein
Nach aufgenommener Rüstungsproduktion während des Viertel der Investitionssumme als Fördergeld. Allerdings ist
Zweiten Weltkrieges wird das Unternehmen nach Kriegsen- weitere Förderung notwendig, da laut Zeitungsbereichten aus
de durch die SMAD enteignet. Die Familie Thorey flieht mit den ursprünglich geplanten 3,2 Millionen Euro an Investiti-
wichtigen Firmenunterlagen nach Westdeutschland und baut onskosten inzwischen fünf Millionen geworden sind.
in den Folgejahr in der Nähe von Augsburg das alte Unter- Allerdings die Fabrik mit dem weitläufigen Werksgelände
nehmen neu auf. musste abgerissen werden und fungiert heute als Gewerbe-
Das Falkensteiner Werk wird als "VEB Falkensteiner Gardi- gebiet.
nen- & Spitzenweberei" in Volkseigentum umgewandelt. Hin- Quelle: Betriebsgeschichte des VEB Falkensteiner Gardinen- und
zu zum Stammwerk auf der Bahnhofsstraße folgen weitere Spitzenwebereien bis 1970